Ambulante Trainingskonzepte bei Patienten mit schwerer COPD

Gezieltes körperliches Training kann den Teufelskreis durchbrechen, Leistungsfähigkeit und ventilatorische Kapazität verbessern. Vor dem Hintergrund eines multikausalen Geschehens zeigen Patienten mit schwergradiger chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eine fortschreitende Limitierung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit. Hauptsymptome sind eine progrediente Atemnot unter Belastung, sowie eine generelle körperliche Schwäche (,,fatigue“). In der Folge wird körperliche Anstrengung vermieden und damit einer weiteren Dekonditionierung der Muskulatur und des Herz-Kreislauf-Systems Vorschub geleistet. Die positiven Wirkungen körperlichen Trai nings im Rahmen pulmonaler (stationärer und ambulanter) Rehabilitationsprogramme, besonders bei mittelgradiger COPD, finden sich umfassend dokumentiert. Wesentliche Effekte beinhalten eine Verbesserung der körperlichen Belastungsfähigkeit und der Lebensqualität, so dass körperliches Training als Kernkomponente des Rehabilitationsprozesses zum unerlässlichen Bestandteil der gängigen Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen geworden ist. Die bislang etablierten Trainingsprogramme nehmen in der Regel mehrere Wochen / Monate in Anspruch und sind für Patien ten gedacht, die sich in einem stabilen Zustand befinden mit leichtem bis mittlerem Schweregrad ihrer Erkrankung. Eine im Krankenhaus Großhansdorf durchgeführte Untersuchung zeigte jedoch, dass auch Patienten mit schwergradiger COPD, die stationär aufgenommen wurden, im Rahmen ihrer Rekonvaleszenz von einem kurzen Gehtrainingsprogramm deutlich profitieren können (Kirsten 1998). Es zeigten sich signifikante Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, der ventilatorischen Kapazität und der Dyspnoe unter Belastung. Damit konnte belegt werden, dass bereits ein stationäres Kurzzeitprogramm (der sogenannten ,,Frührehabilitation“ zugeordnet und lediglich eine einzige Facette der Rehabilitation (körperliches Training) die Erholung von schwergradig erkrankten Patienten positiv beeinflusst.

Ohne häusliches Training schwinden positive Effekte

Die Effekte körperlichen Trainings beginnen allerdings nach relativ kurzer Zeit zu schwinden, wenn keine kontinuierliche Weiterführung des Trainings erfolgt. Die Aufrechterhaltung der Trainingseffekte ist gerade bei Patienten mit schwergradiger COPD problematisch, weil die Patienten in der häuslichen Umgebung meist wieder in ihren alten, bewegungsarmen Lebensstil zurückfallen und zudem körperliche Anstrengungen aus Angst vor der als bedrohlich erlebten Belastungsluftnot meiden. Ziel einer Nachfolge-Untersuchung war es, die Wirkungen häuslichen Gehtrainings bei Patienten mit schwergradiger COPD in Hinblick auf die Aufrechterhaltung von Trainingseffekten zu evaluieren (Behnke 1998,1999). Nach initialer Erholung von einer Exazerbation wurden 46 stationäre Patienten mit schwergradiger COPD randomisiert einer Trainings- und einer Kontrollgruppe zugeteilt. 26 Patienten beendeten die Studie nach 18 Monaten. Die Patienten der Trainingsgruppe führten stationär ein zehntägiges Trainingsprogramm durch, bestehend aus einem 6-Minuten-Laufbandtest sowie fünf Gehtrainingseinheiten auf dem Flur mit 75 Prozent der erreichten Laufbandstrecke täglich. Über 18 Monate nach Entlassung aus der stationären Behandlung absolvierten diese Patienten ein individuelles häusliches Gehtraining, das sie in ihre Alltagsaktivitäten integrierten und schriftlich protokollierten. Regelmäßige Kontaktaufnahme erfolgte über Hausbesuche und Telefongespräche. Die Patienten der Kontrollgruppe nahmen weder während ihres stationären Aufenthaltes noch in den anschließenden 18 Monaten an keinem strukturierten Trainingsprogramm teil. Bei allen Patienten erfolgten regelmäßig ambulante Kontrolluntersuchungen.

Steigerung der Lebensqualität

In der Trainingsgruppe führte das ambulante Trainingsprogramm zu Stabilisierung und Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit (gemessen als 6-Minuten-Laufbandstrecke) sowie zur signifikanten Verbesserung der krankheitsbezogenen Lebensqualität. Sämtliche Lungenfunktionsparameter zeigten sich über 18 Monate stabil. Zudem gab es in der Trainingsgruppe im Vergleich zum Kontrollkollektiv in der 18-monatigen Beobachtungszeit signifikant weniger exazerbationsbedingte Krankenhausaufenthalte; außerdem wurden inhalative Bronchodilatatoren signifikant weniger gebraucht. Die Patienten der Kontrollgruppe zeigten nach 18 Monaten eine signifikante Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit in Verbindung mit einer deutlichen Zunahme der Beschwerdesymptomatik und des inhalativen Bronchodilatatoren-Gebrauches. Die vorliegenden Daten belegen, dass unter Anwendung eines individuell dosierten, kontrollierten häuslichen Gehtrainings die während des stationären Kurzzeittrainingsprogrammes erzielten Effekte bei Patienten mit schwergradiger COPD aufrechterhalten und über einen längeren Zeitraum sogar gesteigert werden können. Den Patienten ist damit die Möglichkeit gegeben, die Anforderungen des Alltags leichter zu meistern, ihren Aktionsradius zu erweitern und dementsprechend mehr Lebensqualität zu‘ gewinnen. Eine übliche stationäre Therapie ohne stationäre Trainingsmaßnahmen und anschließende häusliche Betreuung führt hingegen zu einer nur vorübergehenden Verminderung der Dyspnoe, ohne die Progredienz des Krankheitsverlaufes beeinflussen zu können. Die Untersuchungsergebnisse lassen darüber hinaus auch erste Rückschlüsse auf mögliche positive sozioökonomische Wirkungen (Rückgang der krankheitsbedingten Komplikationen und Kosten) des angewendeten Trainingskonzeptes zu.

Michaela Behnke, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie Großhansdorf, referierte beim Symposium der Sektion Prävention/Rehabilitation am 3. März‘; um 15.30 Uhr in Raum 5.Z.

 

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